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Schaltkarchrennen – oimol oms kloi Dörfle

OB KW36 OGK 01368 fbUnser traditionelles Dorffest findet seit den 1980er Jahren statt. Was den Königsbachern ihr „Hobbeleslauf”, ist den Steinern ihr ”Schaltkarchrennen – oimol oms kloi Dörfle“. Wir haben uns mit dem „Schaltkarch” befasst und geschaut, was Bibliothek und Bildarchiv dazu hergibt.

Die Schaltkarchrennen begannen nicht erst mit dem Dorffest, wie das nebenstehende Foto von 1971 beweist. Das Foto zeigt ein Schaltkarchrennen auf dem Sportplatz in Stein. Damals waren Heinrich Seiter und Georg Hehn Sieger in ihrer Altersgruppe. (FKSG-01368, Original von Erwin Frey)

Doch woher kommt der Schaltkarch? Ein ordentliches „Fuhrwerk“ war für den Bauern die nötige Grundausrüstung. Jeder Bauer hatte einen sogenannten „Leiterwagen“, vom Dorfwagner hergestellt, (die größeren Bauern hatten zwei), den man zum „Dielenwagen“ umbauen konnte. Ein kleineres Modell war das sogenannte „Wägele“ für kleinere Transporte, wie z. B. zum Futterholen. Alle Wagen hatten natürlich Holzräder, später eisenbeschlagene Speichenräder.

Beim Stallmisten verwendete man noch den „Schubkarch“ und zum Futter holen auch den größeren „Schaltkarch“. Der einrädrige Wagen mit zwei Griffen erlaubte das Fahren auch in schwierigem Gelände, auf der Wiese oder dem Acker. Zudem war man beim Beladen nicht durch Seitenwände eingeschränkt wie z.B. beim kleinen Leiterwägelchen. So war der Transport sperriger Lasten möglich.

Im Gegensatz zur technischen Vielfalt heutiger Geräte kam man früher in der Landwirtschaft mit wenigen Geräten aus. Das wichtigste Gerät war der Pflug. Er war aus Holz, nur Beschläge, die Pflugschar und die sogenannte „Säch“ (Schneideisen zum Furchenziehen) waren aus Eisen. Befestigt war der Pflug auf dem „Pflugkarch“. Die Eggen waren im 19. Jahrhundert z. T. noch ganz aus Holz, später Holzrahmen mit Eisenzähnen.

OB KW36 OGK 04004 fb

Hier noch einige Infos:
• Das Wort „Schaltkarch” kommt vom mittelhochdeutschen „schalten”, was „mit der Stange fortstoßen”, stoßen oder schieben bedeutet.
• Laut „Durlacher Volksleben 1500 -1800” tauchte der Begriff ”Schaltkarch” im Jahr 1665 erstmalig in archivalischen Quellen der Umgebung auf.
• Am Karlsruher Rheinhafen wurden vor über 100 Jahren die Arbeiter, meist Tagelöhner, so schlecht bezahlt, dass sich einige davon ihr Gehalt mit der Lieferung von Kohle aufbesserten. Die Kohlensäcke aus Jute wurden meist von den „Kohlebucklern” auf den Schultern oder auf dem Schaltkarch (Schubkarre aus Holz) zu den Bewohnern getragen bzw. gefahren (sprich gebuckelt). Zu ihrem Gedenken wurde in Daxlanden eine Gaststätte „Schaltkarch” genannt.
• Im Alemannischen wurde der einachsige Marktwagen Schaltkarch genannt. In manchen Familien allerdings auch der zweiachsige, von Hand gezogene Leiterwagen. Das alemannische Wörterbuch beschreibt ihn so: Schaltkarch, m. Schubkarch, einrädriger Karren mit zwei Hebegriffen zum Befördern kleiner Lasten.
• In den Weinanbaugebieten in Baden, Württemberg, der Pfalz und im Elsaß wurde der Schaltkarch in erster Linie für den Transport von Mist in die Weinberge genutzt. Er wird als „ganz flach am Boden fahrender, leiterartiger Schubkarren aus Holz” beschrieben. Oft wurde er dazu mit Seitenbrettern versehen.

 

Luise Bischoff beim Transportiern von Welschkorn (Mais) mit dem Schaltkarch. Das Maisgrün hatte sie vom Bauern,  ihrem Schwager Heinrich Kaucher, geholt und nach Hause ans Weiherbrünnle gebracht. FKSG-04004, Original Anna Seiter

Der Beruf des Schusters – Schuster in Stein

OB KW40 OGK 01221 fb
Bis 1764 wohnte hier am Marktplatz der Steuereinnehmer der Markgrafschaft. 1780 kaufte die Badische Regierung das Haus als „Fürstliche Steuereinnehmerei”. 1880 befand sich ein Kolonialwarenladen in dem Gebäude, danach führte Fam. Bauer darin den Steiner „Konsum“ und spätere Coop. Rechts befand sich die Schuhmacherei Friedrich Weinbrecht. FKSG 01221, Orig. Eva Bauer

Schuhmacher und Schuster sind die zwei gängige Bezeichnungen für ein und denselben Handwerker. Die Bezeichnung Schuster stammt aus dem mittelhochdeutschen „Schuochsuter”. Im Mittelalter war für den Schuhmacher auch die sich daraus ableitende Bezeichnung „Sauter” gebräuchlich, was wiederum die Herkunft des Familiennamens Sauter erklärt.

Kaum ein Beruf war bis ins 19. Jh verbreiteter als der des Schusters. Doch diese Überbesetzung des Handwerks bot keine gute Perspektive: Als Arme-Leute-Ausbildung kostete sie zwar wenig Lehrgeld, waren jedoch so überlaufen, dass die Gesellen hinterher fast unwillkürlich in die Arbeitslosigkeit entlassen wurden. In Stein z.B. gab es im Jahr 1815 mehr als 6 Schuhmacher. Viele konnten daher vom Handwerk alleine nicht leben sondern mussten sich mit der Landwirtschaft ein Zubrot verdienen. Die Schuster fertigten die Schuhe lange in Handarbeit an, doch aufgrund des technologischen Fortschritts im 19. Jh. konnten Schuhe nun überwiegend maschinell in Fabriken hergestellt werden. Der Beruf verlor ab ca. 1870 stark an Bedeutung. Viele Handwerker verlegten sich auf die Reparatur, der despektierliche Begriff des „Flickschusters” stammt aus diesem Zusammenhang. Doch schon zuvor zeigt sich die negative Wahrnehmung der Schuhmacherei: das Verb „schustern“ bekam schon im 17. Jahrhundert die umgangssprachliche Bedeutung „Pfuscharbeit machen“, besonders in zurechtschustern und zusammenschustern. Im 18. Jahrhundert entstand der Begriff zuschustern (heimlich zukommen lassen).

Und wie sah es in Stein mit den Schuhmachern aus?
Der erste in Stein erwähnte Schuster war Conradt Vätterlin (Vetter), Hintersasse und Schuhmacher im Jahr 1661, zwanzig Jahre später gefolgt von Michael Heckh, der von 1680 bis 1685 hier als Schuhmacher tätig war. Auch eine Frau war – ungewöhnlich für diese Zeit – vertreten: Anna Barbara (Nachname unbekannt), wurde als „die Schuhmacherin” im Taufbuch am 16.2.1698 zur Gevatterin (veraltet, Taufpate) eingesetzt. Als letzter wird Michael Morlock (*1844 †1920) bei seiner Heirat 1872 als Schuhmacher erwähnt.

Insgesamt sind im Steiner Familienbuch 64 Schuhmacher und Schuhmachermeister erwähnt. Darunter bekannte Steiner Sippennamen. Am meisten vertreten waren die Namen Gräßlin/Gräßle (ab 1748) 8x, gefolgt von Kaucher (ab 1680) 5x. Des weiteren Mayer/Meier (ab 1821) und Nothacker (ab 1802) je 4x; Bertsch (ab 1742) und Hottinger (ab 1837) je 3x. Je 2x vertreten sind Knappschneider (ab 1698), Kastner (ab 1725), Britsch (ab 1770), Mannsdörfer (ab 1815), Morlock (ab 1822), Kautz (ab 1824), Zoller (ab 1827) und Pfisterer (ab 1837). Auch die Namen Sauter (1798), Ruf (1815), Kopp (1818), Mößner (1818) und Haberkorn (1839) sind unter anderen vertreten, allerdings lediglich nur einzeln. (Da das Ortsfamilienbuch mit den Geburtsjahren um 1850 endet, konnten spätere Schuhmacher nicht berücksichtigt werden.)

Künstler in Stein – Christian Weinbrecht (* 24.06.1900, † 30.01.1973)

OB KW46 OGK 01030
Christan Weinbrecht an der Staffelei.
FKSG-01030, Orig. Johanna Schlachter

Christian Weinbrecht wurde am 24.Juni 1900 als Sohn des Gipsermeisters Karl Weinbrecht in Stein geboren. Im Alter von 3 oder 4 Jahren verlor er durch eine Krankheit sein Gehör, ein Besuch der regulären Volksschule war somit nicht mehr möglich. Die Eltern waren gezwungen, ihren Sohn auf die Gehörlosenschule in Gerlachsheim (Tauberbischofsheim) zu schicken, die er nach 8 Jahren erfolgreich abschloß.

Schon früh prägte sich das künstlerische Talent Weinbrechts aus, er absolvierte von 1918 bis 1921 seine Lehrjahre als Emaille-Maler bei der Firma Emil Winter in Pforzheim. 19­18/1919 besuchte er die Goldschmiedeschule und 1920/1921 die Kunstgewerbeschule.

Nach der Lehre arbeitete er in seinem erlernten Beruf als Emaille-Maler bei der Firma Ullmann und Scholl AG in Pforzheim. 19­26 besuchte er die Privatschule Plock und Hagemann in Karlsruhe. Der in Plinsen geborenen Künstler Oskar Hagemann war schon 1908 in die Meisterklasse der Kunstakademie aufgenommen worden, in der er 1942/43 selbst lehrte. Einer der ersten Lehrer Hagemanns war Ludwig Wilhelm Plock, mit dem er später besagte Privatschule unterhielt.

Im Jahr 1927 war Weinbrecht Volontär bei Malermeister Dieterle in Forbach (Murg), ein Jahr später Schüler der höheren Malerfachschule in Karlsruhe, wo er seien Abschluß als Malermeister machte. Im Juni 1933 heiratete der Künstler seine Frau Elise geb. Fischer (* 22.10.1907, † 20.01.2002), Tochter Johanna kam 1938 zur Welt.

OB KW46 OGK 02605

Um die Familie ernähren zu können, arbeitete Weinbrecht als selbständiger Malermeister in Stein und Umgebung. Die Kunstschulen wurden abends besucht, die meisten seiner Werke erschuf er in der auftragsarmen Zeit im Winter.


Während des zweiten Weltkrieges konnte der gehörlose Künstler die Kunst-Akademie Karlsruhe besuchen. Zwei Semester studierte er bei Prof. Gebhard, der selbst viele Gemälde in dem für Künstler so reizvollen Stein schaffte. Schwerpunkt dieses Studiums waren Portraits. Die bekanntestens Portraits waren das seiner eigenen Mutter und das eines Onkels. Selbst sein Lehrer, Professor Gebhard wurden von Weinbrecht auf Leinwand verewigt. Er bevorzugte das malen von älteren Menschen, in deren Gesichter das Leben schon Spuren hinterlassen hatte. Aber auch Stilleben im Rembrand-Stil, dunkel, mit Kerzenlicht und Bibel, erschaffte er.

Der vielseitige Künstler Weinbrecht malte seine Werke in Aquarell oder Öl, ebenso Feder- oder Tuschezeichnungen, z.B. vom Königsbacher Rathaus 1942 oder Aktzeichnungen. Oft nutzt er auch Tempera, eine Malfarbe, deren Pigmente mit einem Bindemittel aus einer Wasser-Öl-Emulsion gebunden werden.

Die genaue Anzahl der von Weinbrecht geschaffenen Werke ist nicht bekannt. Nur ganz wenige seiner Werke hat er verkauft (wahrscheinlich nur 2 Stück), die meisten Gemälde verschenkte er an Verwandte und Freunde oder behielt sie in seiner eigenen Familie, wo sie auch heute noch in Ehren gehalten werden.

 

rechts: Winterlicher mittlerer Gaisberg in Stein im Jahr 1943. Dieses beliebte Motiv Weinbrechts zeichnet sich durch seine harmonische Farbgebung und Detailtreue aus. Das Werk wurde von Weinbrecht am Fenster von Verwandten aus gemalt.
FKSG-02605, Original Johanna Schlachter

Der Steiner Wassertag am 13.05.1827

OB KW42 OGK 01078 fb
Eine Tafel am alten Forsthaus/Domäne (heutige Volksbank) erinnert noch an den Wasserstand am Unglückstag.
FKSG-Nr. 1078, Original Herbert Nagel †

Noch viele erinnern sich an das Hochwasser, das in diesem Jahr (2016) die Ortsmitte von Stein heimgesucht hatte. Doch schon Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Steiner von einem schrecklichen Unwetter überrascht. Ein Eintrag im Kirchenbuch, eine Zeitungsartikel und die Niederschrift des Bürgermeisters Mößner von 1842 erzählen von dem Naturereignis, das so schlimme Folgen für die Steiner Bürger hatte.

Am 13. Mai des Jahres 1827 zog zwischen 17 und 18 Uhr von Nordosten ein Gewitter auf. Zunächst maß man diesem keine besondere Bedeutung bei. Aber in kürzester Zeit entwickelte es sich zum „von Donner, Blitz und Hagel begleiteten, seit Menschen Gedenken nicht erlebten Wolkenbruch“. Regen und Hagel fielen so stark, daß niemand sich auf die Straße wagte.

Von Göbrichen und Bauschlott kam über das Kohlloch eine Wasserflut, die alles mit sich riss. Das Wasser erreichte im Dorf eine Höhe von 14 Schuh und richtete eine unbeschreibliche Verwüstung an. Die Erdgeschosse der tiefer gelegenen Häuser wurden vollkommen überschwemmt, teilweise auch das darüber­ liegende Stockwerk in Mitleidenschaft gezogen.

In der großherzoglichen Domäneverwaltung, wo sich die Registratur befand, waren alle Räume mit Schlamm angefüllt. Papiere, Urkunden und Aufzeichnungen waren von Schlamm bedeckt und somit nicht mehr verwendbar.
Bei dem Unglück verloren 10 Menschen ihr Leben. Der 65jährige Johann Georg Müller, dessen Leiche erst fünf Wochen nach dem Unglück in Singen bei der Mühle gefunden wurde und drei Kinder der Familie Bernhard Kirchner, das jüngste davon erst zehn Monate und das älteste elf Jahre alt, kamen zu Tode. Die 15jährige Tochter des Daniel Zoller starb ebenso in den Fluten wie alle vier Kinder der Familie Gottlieb Kopp im Alter von ein bis zehn Jahren. Das erst dreijährige Söhnlein von Konrad Knappschneider fand man tot im Schloßpark der Freiherren von St. Andre in Königsbach auf.

Die Opfer des Unwetters wurden, soweit sie geborgen waren, am 15. Mai „unter einer unzählbaren Menge von auswärts herbeigeströmter Menschen“ auf dem Kirchhof bestattet. Aus der amtlichen Schadensliste geht hervor, dass insgesamt 233 Stück Vieh verloren gingen. Darunter 86 Stück Rindvieh, 12 Pferde, 4 Fohlen und 120 Schweine.

OB KW42 OGK 01228 fb

An Gebäuden wurden eine Mühle und zehn Häuser mit Scheunen „von Grund auf, ohne nur eine Spur zu hinterlassen“ durch die Fluten weggerissen. 72 Häuser waren mehr oder weniger stark beschädigt, die Lebensmittelvorräte des Dorfes größtenteils vernichtet. Den größten Schaden erlitt der Dorfmüller Stieß. Er verlor sein gesamtes Hab und Gut im Wert von 1220 Gulden. An der inzwischen abgerissenen Dorfmühle erinnerte eine Inschrift auf dem Türsturz an das Unglück. Die Höhe des entstandenen Schadens in Stein wurde auf 117.000.- Gulden geschätzt. Der Verleger der „Karlsruher Zeitung“ erließ einen Aufruf, in dem die Leser zur Mithilfe aufgerufen wurden.

Die Katastrophe hatte tiefen Eindruck auf die Ortseinwohner gemacht. Jedes Jahr am 13. Mai begingen sie den „Gewitterfeiertag“ oder „Wassertag“ mit einem Gottesdienst am Vormittag, an dem die Frauen schwarz gekleidet teilnahmen und einer Betstunde am Abend, wobei der Hergang des Unglücks nochmals erzählt wurde. Dieser Gewitterfeiertag fand im Jahre 1927 zum letzten Mal statt. (Zusammenfassung von Georg Hehn.)

 

Erinnerungstafel an der ehemaligen Dorfmühle, die bei dem Hochwasser durch die Fluten hinweggerissen wurde.
FKSG-1228, Original Herbert Nagel (2000) †

Vogt, Schultheiß und Bürger­meister – frühe dörfliche Verwaltung

dorfverwaltung Veröffentlichung im Gemeindeblatt unter „Gemeinde im Blickpunkt” im Oktober 2017. Text Susanne Kaiser-Asoronye.

Die Anfänge im Mittelalter
Das frühmittelalterliche Dorf war meist eine geschlossene Ansiedlung von Bauernhöfen mit nur wenigen Einwohnern, oft als Nachfolge von fränkisch-alemannischer Besiedelung. Die Dorfgemeinde bildete eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft. Sie verfügte über gemeinsame Anlagen und regelte viele ihrer Angelegenheiten selbständig.

Eine ähnlich lose Ansiedelung von Höfen mag der Ort Stein auch gewesen sein, als ritterlicher Adel um 1000 n Chr. am Fuße des Eiselberges eine Tiefburg errichtete, umgeben mit Mauern und Graben. Die „Feste Stein“ war gegründet und das Dorf ent­wickelte sich drumherum weiter. Die adeligen Ritter bestimmten weitgehend das Leben im Dorf. Vom damaligen Rittergeschlecht wird Heinrich von Stein um 1240 n. Chr. in einer Urkunde erstmals erwähnt. Um 1353 kam Burg und Dorf in den Besitz des Markgrafen von Baden, die markgräfliche Ordnung hielt Einzug in den Ort.

In Königsbach fand eine ähnliche Entwicklung statt. Zwischen 900 und 1200 baute sich ein Edelmann am Hohberg einen verteidigungsfähigen Wohnsitz – das „Steinhaus”, in dessen Nähe weitere Anwesen entstanden. Das alte Königsbach lag demnach nicht im Tal, sondern an den Hängen des Hohbergs und des Kirchbergs. Die Herren von Königsbach, so wurde das Adelsgeschlecht nach ihrem Wohnort genannt, stellten die alleinige Grundherrschaft des Ortes dar. Mitte des 13. Jahrhunderts allerdings trat eine Zersplitterung der Besitzverhältnisse ein. Sehr zum Nachteil des Dorfes und seiner Bewohner.

Am meisten angesehen von den Dorfbewohnern waren der „Meier”, der Verwalter des Hofes, der dem Grundherrn gehörte, und der „Schultheiß”. Dieser besaß meist einen großen und von dem Grundherrn mit besonderen Rechten ausgestatteten Hof, und vertrat die Obrigkeit im Dorf. Mit ihnen zusammen saßen die „Voll- oder Hufenbauern”, die ca. ein Drittel der dörflichen Bevölkerung ausmachten, in der Gemeindeversammlung.

Nur diese Oberschicht besaß das uneingeschränkte Nutzungsrecht an der Allmende, den gemeinschaftlichen Wiesen und Feldern. Die Mehrheit der dörflichen Bevölkerung stellten dagegen die Kleinbauern, die wenig oder fast gar kein Land und nur ein Häuschen besaßen und deshalb ihr Brot im Taglohn bei größeren Bauern verdienten. Dort lebten auch Knechte und Mägde als
Gesinde gegen Unterkunft, Kost und einen geringen Lohn. Ferner gab es Handwerker, die ein Dorfgewerbe ausübten, z.B. als Weber, Schuster oder Schneider.

Jeder Dorfbewohner war aber mehr oder weniger von seinem Grund- und Gerichtsherrn abhängig. Denn bis ins Spätmittelalter war die Leibeigenschaft in Baden der gewöhnliche Rechtszustand der nicht-adligen Bevölkerung. Das Wort stammt aus dem Mittelhochdeutschen: „mit dem libe eigen” = mit dem Leben zugehörig, also unfrei. Die Leibeigenschaft wurde durch die Geburt begründet. Ausschlaggebend war in erster Linie der Stand der Mutter. Leibeigene waren zu Frondienst verpflichtet und durften nicht vom Gutshof des Leibherrn wegziehen, nur mit Genehmigung heiraten, mussten seiner Religion angehören und unterlagen seiner Gerichtsbarkeit.     

Ämter und Verwaltung
Während Stein Mitte des 14. Jh. markgräfisch wurde und durch Erlass und Zuzug markgräfischer Beamten sogar für fast 500 Jahre zum „Amt Stein” wurde, musste sich zu der Zeit in Königsbach der Markgraf mit zwei Siebteln des Ortes zufrieden geben und sich zuerst mit dem Kraichgauer Rittergeschlecht „von Venningen” und später mit den Freiherren von Saint André die Macht im Ort teilen. Trotz der Abhängigkeit vom Grund- oder Landesherren hatte die Dorfgemeinde Verwaltungsfunktionen und übten die niedere Gerichtsbarkeit aus.

– Der Schultheiß (von althochdeutsch sculdheizo „Leistung Befehlender”) bezeichnet einen, „der Schuld heischt”. Er hatte im Auftrag seines Herren die Mitglieder einer Gemeinde zur Leistung ihrer Schuldigkeit anzuhalten, also Abgaben einzuziehen oder für das Beachten anderer Verpflichtungen Sorge zu tragen. Er war meist auch Richter der niederen Gerichts­barkeit (Eigentumsdelikte, Erbstreitigkeiten, Körperverletzung, Beleidigungen) und sorgte  für die Vollstreckung von Urteilen Er war Ortsvorsteher im Sinne eines heutigen Bürgermeisters. Der erste in Königsbach genannte Schultheiß war Conrad Ode, 1609 „gew. Schulth. u. Venningischer Amtmann”. In Stein hingegen war dies 1476 ein Conrad v. Nyffen.    

– Der damalige „Bürgermeister“ hatte die Funktion des heutigen Gemeindepflegers, er war in den meisten Fällen zunächst Gemeindeschreiber und -rechner und dem Schultheiß untergeordnet. In Württemberg z.B. wurde die Amtsbezeichnung Schultheiß für den Ortsvorsteher erst am 1. Dezember 1930 durch Bürgermeister ersetzt.

– Der Amtmann war oberster Dienstmann eines vom Landesherrn zur Territorialverwaltung von Gutshöfen, Burgen und Dörfern geschaffenen Amtes, das zugleich ein Verwaltungs- und Gerichtsbezirk war. Er gehörte meist dem Adel oder dem Klerus an, in Städten oft auch den wohlhabenden Schichten des Bürgertums. Er residierte im Amtshaus und trieb im Amtsbezirk die Steuern ein, sprach Recht und sorgte mit einer kleinen bewaffneten Einheit für Sicherheit und Ordnung. Da Stein lange Zeit Amtsrecht hatte, war dort auch Sitz des Amtmannes.

– Der Vogt, auch Voigt oder Fauth, stammt aus dem Mittelhochdeutschen und ist letztlich entlehnt aus lat. advocātus „Rechtsbeistand, Sachwalter, Anwalt”. Er bezeichnet allgemein einen herrschaftlichen, meist adeligen Beamten des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Vögte übernahmen im Auftrag weltlicher Herrscher Verwaltungsaufgaben. Sie legten Steuern fest und zogen diese ein, sie hielten Gericht und ahndeten Vergehen. So wurde z.B. 1452 Erhart von Königsbach zum „Fauth” zu Stein gewählt und sein Sohn Hans war Obervogt in Pforzheim und der letzte seines Namens. Auch von „Ludwig von Stein”  ist bekannt, dass er den Ort verlassen hatte und Vogt von Heidelsheim (1354) und 1361 Vogt von Bretten war. Danach verliert sich die Spur dieser Adelsfamilie.