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EIN STÜCK HEIMAT.

Kast Titel kleinEIN STÜCK HEIMAT. Lina Kast. Leben | Gedichte | Zeichnungen.

von Freundeskreis Königsbach-Steiner Geschichte e.V. (Herausgeber), Susanne Luise Asoronye (Autor)
Lina Kast wurde 1897 in Stein als Tochter des vermögenden Landwirts Heinrich Kast und seiner Frau Luise geb. Schabinger geboren. Der Besuch der Höheren Mädchenschule in Karlsruhe und ihr künstlerisches Talent, das die verwöhnte Bauerntochter frei ausleben darf, machen sie zur Außenseiterin der Dorfgemeinschaft. Ihre Verbundenheit zur Heimat drückte die Künstlerin in Zeichnungen, Linolschnitten und in zahlreichen Gedichten aus. Der Freundeskreis Königsbach-Steiner Geschichte hat für die gleichnamige Ausstellung diese Dokumentation über das Leben Lina Kasts erarbeitet. Darin wird – neben zahlreichen Gedichten und Bildern – das Dorfleben in Stein (Königsbach-Stein) während der Jahrhundertwende und den Weltkriegen bis in die 80er Jahre aufgezeigt.


Taschenbuch: 116 Seiten | Format: 210 x 210 mm
Verlag: vianova Werbung und Verlag (20. Februar 2015)
ISBN-10: 3980746739 | ISBN-13: 978-3980746731
Preis: 14,80 Euro zzgl. Versand   

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Hier der Link zum Beitrag des SWR4 | Badenradio über Lina Kast.

Entstehung dieses Buches | Ein persönlicher Eindruckdanke

Wir haben für unserer neustes Projekt geforscht, gesucht, zusammengetragen, analy­siert und niedergeschrieben. Das Projekt, das Leben der Steiner Künstlerin Lina Kast, findet seinen Höhepunkt am 1. März 2015 in einer außergewöhnlichen und interessanten Ausstellung.

Begonnen hat es mit einem Anruf von Hartmut Schabinger. Sein Vater Adolf ist der Cousin von Lina Kast, und er hatte auf dem Speicher bei Aufräumarbeiten Unterlagen aus dem Nachlass Lina Kasts entdeckt. Durch einen Zeitungsartikel über das Buch „Feldpost“ war er auf mich und somit auf den Freundeskreis aufmerksam geworden. Er bot uns den Nachlass an, den er eigentlich schon entsorgen wollte. Der „Nachlass“ bestand aus Pergamentpapieren mit Skizzen und Vor­lagen, einigen Zeichnungen und vielen Dokumenten wie z.B. Kaufver­trägen, Rechnungen, Briefen, Auszügen von Versicherungen und Grund­buch, privaten Notizen und vielem mehr. Bei Durchsicht der Unterlagen machten wir eine interessante Entdeckung: Ein Schreibheft und Einzel­blätter mit Gedichten von Lina Kast. Sie war im Dorf als Künstlerin durch Zeichnungen und Linolschnitte bekannt. Dass sie auch zu vielen gezeichneten Werken passende Gedichte verfasst hatte, wussten nur wenige.

Der Vorstand entschloss sich, eine Ausstellung zu organisieren. Wir riefen die Steiner auf, uns Kast-Bilder zur Verfügung zu stellen. Viele sind dem Ruf gefolgt. So kamen wir zu den Gemälden und Zeichnungen. Ein weiterer Aufruf an die Dorfgemeinschaft galt denjenigen, die Lina Kast noch persönlich kannten und etwas über sie erzählen konnten. Die Berichte und Interviews zeigten uns ein Bild von dem Leben der Künstlerin auf – obwohl es über sie recht widersprüchliche Aussagen gab.

Nun galt es, die so gewonnenen Informationen aufzuarbeiten. Der ursprüngliche Gedanke, nur ein kleines Gedichtbändchen zu machen war schnell wieder verworfen – zu interessant, zu vielseitig war das zusammengetragene Material. Im gleichen Stil wie beim Buch „Feldpost“ begann nun die Recherche in Archiven, in Bibliotheken, bei Ämtern und im Stadtarchiv. Teil für Teil fügte sich ineinander zu einem klaren Gesamtbild. Dabei durfte ich keine Aussage verwenden, die nicht durch eine zweite oder dritte be­stätigt wurde. Dass Lina Kast z.B. in Straßburg auf der Kunstakademie ausgebildet wurde, war eine einzelne Aussage, die niemand sonst zu bestätigen vermochte. Auch fanden wir keine schriftlichen Hinweise hierüber. Die Aussage war also nicht verwendbar. Dass allerdings Lina Kast eine künstlerische Ausbildung oder zumindest Anleitung hatte, ist in ihren Bildern und in den von ihr verwendeten Techniken ersichtlich. Vielleicht hatte sie zusätzlichen Privatunterricht durch einen Lehrer der Karlsruher Kunstakademie während oder nach ihrer Schulzeit? Verlässliche Kenntnisse darüber hatten wir nicht.

Natürlich wurde diskutiert, ob man die Schuldscheine aus den 20er Jahren erwähnen oder abbilden sollte. Eingebettet in die Geschichte Deutschlands, der Inflation und die damit verbundene Geldentwertung mit ihren Folgen, lassen die Schulden Heinrich Kasts in einem ganz anderen Licht erscheinen: Es war eine kluge Entscheidung von ihm, die Liquiditätskrise, die nicht nur ihn traf, durch Kredite zu überbrücken und seinen Grundbesitz als solchen in Gänze zu bewahren. Die nächste Entscheidung war, wie mit dem Thema „Machtergreifung Hitlers" und Lina Kasts nationalsozialistisch angehauchten Gedichten von 1932/33 umzugehen war. Auf der einen Seite entsprachen diese Gedichte dem Zeitgeist der 1930er Jahre und der allgemein aufkommenden Begeisterung für den Nationalsozialismus. In ihrer Hoffnung auf bessere Zeiten schrieb Lina Kast in „Lenzens­ankunft“ z.B. vom auferstehenden Deutschland. Auf der anderen Seite wollte ich Gedichten wie das „dem Führer Adolf Hitler" gewidmete nicht mehr Raum einräumen als notwendig. Für einen Abdruck dieses Gedichtes in seiner ganzen Länge konnte und wollte ich mich nicht entscheiden. Obwohl einige Werke Kasts im „Führer" abgedruckt wurden, hatte ich persönlich nicht den Eindruck, dass Lina Kast ein politischer Mensch war und es gab keine Hinweise auf eine Mitgliedschaft in der der Partei oder ähnlichen Organisationen.

Viele Informationen verschaffte mir die Grabrede des Pfarrers Güß für die Beerdigung Heinrich Kasts. Hier erfuhr ich die Familienverhältnisse, in denen er aufwuchs, die Regimentszugehörigkeit und die Ausbildung auf der Landwirtschaftsschule. Also hatte ich Anhaltspunkte zur weiteren Recherche. Bemerkenswert fand ich, dass sich das Thema Arbeit und Fleiß durch die gesamte Grabrede zog. Der Text „Schaffet, dass ihr selig werdet“ (Phil 2,12/13) wurde zitiert. Er sprach von Verantwortung für das anvertraute Gut und ein großer Abschnitt war dem Fleiß und der Arbeitlast von Luise Kast gewidmet, die wohl nicht an der Beerdigung teilnehmen konnte. Ich konnte mich des Gedankens nicht erwehren, dass er diese Worte auch als Mahnung an Lina Kast richtete, von der es im Dorf oft hieß: „Die schafft doch nix.“

Wie schon eingangs erwähnt, hatte ich unterschiedlichste Meinungen über Lina Kast gesammelt. Anscheinend war sie mehr Künstlerin als gute Hausfrau. Nachbarn und Verwandte putzten für sie oder wuschen ihre Kleider – oft ohne oder für geringe Bezahlung. Und doch verstand sie es offenbar, die Zimmer zu dekorieren und einzurichten, denn es gab auch die Aussage „als Kind sah es für mich bei ihr aus wie in einem Schloß“.  Lina Kast liebte ihren Garten und bewirtschaftete ihn – das war auch eine Form von Arbeit. Sie liebte die Natur und ihre Heimat Stein, machte Musik (Klavier) und lebte ihre künstlerischen Talente aus. Sie war großherzig, denn sie verschenkte einige ihrer Kunstwerke. Auch war sie durchaus hilfsbereit und verfasste oder formulierte Briefe für andere, die hierbei Hilfe benötigten.

Insgesamt gewann ich den Eindruck, dass die junge Lina Kast durch Bildung und Kunstsinn der damaligen oberen Bürgerschicht nahestand und auch angehören wollte, allerdings aufgrund ihrer Herkunft als Bauerntochter nie angehörte. Sie fühlte sich „zu Höherem bestimmt", kam aber nicht über das Dorf hinaus. Genauso widersprüchlich und konträr war auch ihr Verhalten. In einem waren sich alle, die Lina Kast noch persönlich kannten, einig: „Irgendwie lebte sie in ihrer eigenen Welt.“

Im Namen des Vorstandes
Susanne Asoronye
Vorsitzende des Freundeskreis Königsbach-Steiner Geschichte e.V.

Für das Buch erhielten wir große Unterstützung von den oben abgebildeten Institiutionen und Firmen, vorwiegend aus Königsbach. Diesen danken wir ganz besonders herzlich. Ohne diese Unterstützung wäre es schwer gewesen, dieses Buch drucken zu lassen. Auch Sie leisten damit auch einen bedeutenden Beitrag in der Heimatforschung.