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Der 30jährige Krieg – Die Geiselnahme zweier Königsbacher Bürger

Franzosen hatten zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges die Festung Philippsburg nördlich von Karlsruhe in ihre Gewalt gebracht. Scharmützel und Schikanen durch diese Truppen waren in der Markgrafschaft an der Tagesordnung. Sie nutzten Festung und Stadt einige Jahre als Basis für militärische Unternehmungen gegen das Reichsgebiet – und zur Eigenfinanzierung.

Von Philippsburg aus machten die französischen Truppen Raubzüge in das rechtsrheinische Gebiet, das nur unzulänglich durch deutsche Truppen geschützt war. Fast ungehindert zogen sie sengend und plündernd durch den Kraich- und Pfinzgau. 1626 kamen sie auch nach Königsbach, das sich noch kaum von der Zerstörung vier Jahre zuvor erholt hatte.

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Die Glocken im Kirchturm im Jahr 2016.
In der Mitte die große Glocke, rechts die kleinste. Beide stammen aus 1950, da die ursprünglichen Glocken im Laufe des 2. Weltkriegs zur Einschmelzung abgeliefert wurden. Die Glocke ganz links war dafür wohl historisch zu wertvoll, denn sie stammt laut Inschrift aus dem Jahr 1723. Foto Peter Seiter.

In einem Protokoll aus 1641 finden wir folgende Geschichte:

Am 8. März 1626 schickte der Gouverneur von Philippsburg eine Abteilung Franzosen nach Königsbach zur Eintreibung einer Kontribution. (Zahlung einer Zwangserhebung / Zwangssteuer im feindlichen Gebiet durch Besatzungstruppen, meist zur Finanzierung derselben). Die völlig verarmte Gemeinde besaß aber kein Geld und konnte die Forderung der Franzosen nicht erfüllen. Zunächst gaben sich die Soldaten damit scheinbar zufrieden. Sie quartierten sich in einigen leerstehenden Häusern ein und verhielten sich ruhig. Am anderen Morgen „vor Tage” nahmen sie zwei Königsbacher Bürger gefangen und brachten sie nach Philippsburg. Die Gefangenen waren der markgräfliche Bürger Johann Scheuerlin und der edelmännische Bürger Michel Hardtmann.

Mehrere Wochen wurden die zwei Königsbacher von den Franzosen festgehalten. Der Gouverneur von Philippsburg erklärte, er werde die Männer nur gegen Zahlung eines Lösegeldes von 126 Gulden freigeben. Den Wert dieser Lösegeldforderung kann nur schlecht in Euro umgerechnet werden. Deutlich wird es an der Kaufkraft. 1 Gulden waren 60 Kreuzer. Es kosteten: 1 Pfund Rindfleisch 6 Kreuzer; 1 Pfund Butter 7 Kreuzer; 1 Feldhuhn 8 Kreuzer; 1 Pfund Hutzucker 25 Kreuzer; 1 Gans 32 Kreuzer. Ein Fußknecht im Söldnerheer erhielt rund 4 GoldGulden pro Monat. Ein Knecht, Geselle oder Lohnarbeiter kam bei weitem nicht auf diesen Verdienst, selbst Großknechte oder Meisterknechte (z.B. auf dem Bau) verdienten weniger.

Der damalige Schultheiß (Bürgermeister) Michel Osterlin (Österlin / Oesterle) versammelte die Bürgerschaft am Rathaus, schilderte die Lage und daß kein Geld in der Kasse sei, die gefangenen Mitbürger auszulösen. Dann bat Osterlin die Versammelten um Einverständnis, die kleine Glocke des neuen Geläutes vom Kirchturm zu holen und zu verkaufen. Die Glocke sei ohnehin geborsten und tauge nicht mehr zum Läuten. Aber von dem Erlös könne man die Forderung der Franzosen erfüllen und die Gefangenen befreien. Da keine andere Lösung in Sicht war, erklärte sich die Bürgerschaft mit dem Vorschlag einverstanden. „Und so sind der markgräfliche Untertan Johann Scheuerlin und der edelmännische Untertan Michel Hardtmann mit diesem Geld abgelöst worden”.

Übrigens hat die Gemeinde dieses Geld der Kirche später ersetzt, um nicht zur Anschaffung einer neuen Glocke verpflichtet zu werden.