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Vom Steiner Wollhandel und Spinnereien

OB KW25 04408 fbViele Jahre nach dem Höhepunkt des Steiner Wollhandels: Ein Zweigverein des badischen Frauenvereins auf einer Aufnahme um 1901 vor dem Pfarrhaus. Der Badische Frauenverein hatte in Stein „Spinnkurse“ durchgeführt.
FKSG-04408, Steiner Heimatbuch, Herkunft unbek.

An Ostern 1403 erlebte der markgräfliche Ort Stein schwere Tage. Bernhard I. von Baden geriet mit König Ruprecht von der Pfalz in Streit, die Auswirkungen davon bekam der Flecken Stein zu spüren. Zum ersten Mal in der Geschichte erlebte der Ort mächtige Feinde vor seinen Toren, denn die Pfälzer belagerten die Festungsanlage. Diese war so gut gesichert, dass die Pfälzer sie nicht einnehmen konnten. Aus Rache steckten sie jedoch das Badhaus und die Dorfmühle in Brand. Beide Gebäude wurden dabei erstmals urkundlich erwähnt.

Danach erlebte Stein einen wirtschaftlichen Aufschwung. Ab 1404 hatten die Markgrafen im Ort eine eigene Zollstation eingerichtet und ab 1490 wird der Steiner Markt erwähnt. Stein hatte demnach das so wichtige Marktrecht erhalten und entwickelte sich zu einem bedeutenden Marktflecken.

Landwirtschaftlich war neben Ackerbau die Schafhaltung von großer Bedeutung, Stein wurde zum Mittelpunkt des Wollhandels im Pfinzgau. 1527 wurde in Stein, in der heutigen Keltenstraße, eine Woll­waage aufgestellt und die gesamte Wollerzeugung des Steiner Amtes wurde Pforzheimer Tuchmachern zugeteilt. Die Wollerzeugung nahm im Laufe des Jahrhunderts solche Ausmaße an, dass die Wolle auch nach Bretten und anderen Orten verkauft werden konnte. So wird z.B. im Jahre 1603 berichtet, dass ein in Frankenthal ansässiger Hol­länder den gesamten Wollertrag des Amtes Stein aufkaufte. Auch der mit der Wollerzeugung zusammenhängende Erwerbszweig der Spinnereien erlebte einen ungeahnten Zuwachs. Um 1570 waren in den Dörfern um Pforzheim mehr als achthundert "Spinnerinnen" für das Tuchmachergewerbe tätig. Mit der Einführung der Baumwolle auf dem europäischen Markt im 18. Jahrhundert sank die Nachfrage nach Schafwolle wieder und die Schafhaltung in Stein und Umgebung wurde nahezu aufgegeben.

Unter <2737> im Ortsfamilienbuch ist als einzige "Spinnerin" eine Catharina Ströbler aufgeführt: "aus dem Württemberger Land gebürtig, beerdigt in Stein am 22.04.1751, eine arme Witwe, welche sich mit Spinnen genähret." Der einzelne Eintrag mag daran liegen, dass das Verspinnen von Wolle zu Garn meist von den weiblichen Familienmitgliedern gemacht wurde und nicht als "Beruf" galt. Eine Handspindel oder ein Spinnrad befand sich lange in fast jedem Haushalt. Die erste fabrikmäßige mechanische Spinnerei auf dem europäischen Festland wurde erst 1783 gegründet.